Starthilfe über 5.000 Kilometer Luftlinie: Ute und Reinhardt Bauer unterstützen mit gespendeten SZ-Fahrradfest-Shirts ein Radrennen in Kirgisistan.

Irgendwann war es dem jungen Mann zu bunt. Er organisierte sich ein Fahrrad. Klapprig und ohne Gangschaltung. Aber, um den deutschen Rad-Reisenden zu folgen, immer noch besser als keins. Weil Kanybek Sydykbekov so gut Deutsch spricht, war er der Gruppe zugesellt worden, als Reiseführer in einem Land, von dem die meisten der Aktivurlauber nichts wussten.

Auch Ute Bauer und ihr Mann Reinhardt waren eher durch Zufall dazu gekommen, durch das zentralasiatische Kirgisistan zu radeln. Radeln – eine arge Verniedlichung. Reinhardt Bauer hatte sich auf einer Reisemesse in die Idee verliebt und seine Frau begeistert. So schlossen sich die leidenschaftlichen Radfahrer einer siebenköpfigen Reisegruppe an, Bekannte mit ähnlich großem Faible fürs Radfahren.

„Wenn wir gewusst hätten, was auf uns zukommt, hätten wir Mountainbikes mitgenommen“, sagt Ute Bauer. Auf ihren extra verstärkten Trekkingrädern kamen sie auf steinigen Pisten an ihre Grenzen und mussten später sogar ganz passen. Lichtblick während der Tour war Kanybek. „Er zeigte uns Land und Leute, durch ihn hatten wir Erlebnisse, die wir sonst wohl verpasst hätten“, sagt Ute Bauer.

Ute und Reinhardt Bauer unterstützen mit gespendeten SZ-Fahrradfest-Shirts ein Radrennen in Kirgisistan.

Hauptsache rollen und lenken

Aber auch für Kanybek gewann die Begegnung mit den Dresdnern eine besondere Bedeutung. Für seine Landsleute ist es üblich, im Auto oder zu Pferd zu reisen. Aber per Fahrrad? Noch dazu als Event organisiert? Das konnte sich bis zum Sommer 2013 keiner in der Dorfgemeinschaft, aus der Kanybek stammt, vorstellen. Nicht nur einmal hatten die Dresdner auf ihrer Kirgisistan-Tour und auch später vom SZ-Fahrradfest gesprochen. Ute und Reinhardt Bauer sind viele Male mitgefahren.

Die Freundschaft zwischen den beiden und dem jungen Kirgisen war über die Jahre gewachsen. „Wir haben Kanybek nach Deutschland eingeladen und ihm hier ein dreimonatiges Praktikum bei Ardenne ermöglicht“, sagt Ute Bauer. Nach seinem Germanistikstudium hatte er keine berufliche Entwicklungsmöglichkeit gesehen. Doch er wollte seine Heimat auch nicht auf Dauer verlassen, sondern seine Region vor Ort mit entwickeln helfen. Der Plan, einem so jungen Menschen ein weiteres Stück Welt und damit neue Wege zu zeigen, ging auf. Kanybek bewunderte die Arbeitsweise, das Herangehen an Aufgaben, die Zielstrebigkeit der deutschen Kollegen – und nahm seine Erfahrung mit nach Hause.

„Vier Jahre nach unserer Radreise lud uns Kanybek zu seiner Hochzeit ein, und so sind wir ein zweites Mal in Kirgisistan gewesen“, erzählt Ute Bauer. Nicht nur gefeiert wurde dort, sondern auch Zukunft geplant, unter anderem mit der Gemeindeverwaltung das erste Radrennen vor Ort, eingebettet in ein Gemeindefest.

Unterstützung kam auch aus Dresden. „Ich habe bei der Sächsischen Zeitung angefragt, was denn mit den SZ-Fahrradfest-Shirts wird, die übrig bleiben und ob wir für ein kleines Geld Restbestände kaufen können“, sagt Ute Bauer. Daraus wurde eine Spende, die in der kleinen kirgisischen Gemeinde Sary-Bulak, rund 5000 Kilometer entfernt, für große Freude sorgte. Vor etwa einer Woche traten die Bewohner dort zum vierten Mal in die Pedale. Kanybek organisiert die Rennen und lässt seine Dresdner Unterstützer wissen, wie der Wettkampf an Fahrt gewinnt. Gingen anfangs gut 20 Radler an den Start, waren es zwei Jahre später schon fast 40. Junge und Alte sind darunter, sie alle erhalten ein SZFahrradfest-Shirt. Auch Sponsoren vor Ort konnte Kanybek gewinnen, die lokale Verkehrspolizei sichert das Rennen ab und regionale Medien berichten über das Highlight. Damit sei in einer Gegend, in der vor allem für die Jugend kaum etwas passiert, ein wichtiges Ereignis etabliert, sagt Ute Bauer. Schaltung, Felgen, Lenker – Qualität und Design spielen keine Rolle. Dass die Fahrer überhaupt wohlbehalten ins Ziel kommen, wundert sie. Hauptsache zwei Räder und Pedalen und jede Menge Enthusiasmus. Nur darauf kommt es ihnen an.

Ute Bauer ist stolz auf das, was Kanybek geschafft hat. Als ehemalige Gymnasiallehrerin freut sich die 64-Jährige besonders, wenn junge Menschen ihren Platz im Leben finden. Ihrem guten Freund ist das gelungen. Inzwischen arbeitet er für die deutsche Hans-Seidel-Stiftung in Kirgisistan. Ute und Reinhardt Bauer denken immer noch gern an die harte, aber beeindruckend schöne Route durch Kanybeks Heimat – rund 1200 Kilometer weit in 17 Tagen. „Die letzten Etappen konnten wir nicht wie geplant fahren, wir mussten abbrechen.“ Der Weg war zu gefährlich.

Derweil schaut das Paar auf viele weitere Radwanderungen und auch Radrennen zurück. Beim diesjährigen Fahrradfest kann es zwar nicht dabei sein. Doch auch in Zukunft sollen im fernen Kirgisistan Enthusiasten mit Dresdner T-Shirts ihr eigenes Rad-Fest feiern. Dafür setzten Ute und Reinhardt Bauer alle Räder in Bewegung.

Text: Nadja Laske | Fotos: privat

 

Jedes Jahr spenden wir nicht verkaufte Fahrradfest-T-Shirts an gemeinnützige Organisationen und Vereine, z. B. an die Dresdner Tafel, die Johanniter oder die Caritas.


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