Ihren Urlaub im August 2018 verbrachten die Niemanns zum ersten Mal in die Berge. Dort fuhr das Ehepaar auch viel mit dem Rad. Auf der heimischen Wiese schmiedet sie schon wieder Reisepläne.
Kamenz. Wer sich dieses Jahr über das SZ-Fahrradfest informieren will, der kommt an ihr garantiert nicht vorbei: Auf allen Flyern und Plakaten zur Veranstaltung werden Interessierte zunächst von einer sichtlich begeisterten Dame auf dem Fahrrad begrüßt.
Ihr Name ist Nicole Niemann und das Lachen garantiert nicht aufgesetzt. Denn das Bild wurde direkt auf dem Fahrradfest 2018 aufgenommen, nicht im Rahmen eines Shootings.
„Als wir die Bilder vom letzten Jahr durchgeschaut haben, ist uns Frau Niemann sofort aufgefallen“, erzählt Anne Lukas von der zuständigen Werbeagentur Oberüber Karger. „Diese Freude war so authentisch, das Bild einfach perfekt. Frau Niemann hat dann beim ersten Telefonat auch sofort zugesagt, unser Aushängeschild zu sein.“
„Das war das zweite Mal, dass wir beim Fahrradfest dabei waren“, erinnert sich die 36-jährige Niemann. Schon 2017 hatte sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Jörg, ihrer Schwägerin und deren Partner zur AOK-Tour angemeldet.
Doch Männer und Frauen hatten völlig unterschiedliche Erwartungen. „Da dachten die Jungs noch, sie bekämen einen Pokal, wenn sie besonders schnell wären. Die waren am Ende ganz schön enttäuscht, als nur die gleiche Medaille wie bei allen anderen um den Hals hing, obwohl sie so in die Pedale getreten haben“, sagt Niemann mit einem Lachen.
Sie selbst schätzt am Fahrradfest gerade, dass dort kein eben kein Wettbewerbsgedanke herrscht. „Ich finde das Gemeinschaftsgefühl einfach toll. Jeder kann sein Tempo fahren, ohne von anderen komisch angeschaut zu werden. Wir mögen es auch gerne, sich völlig ohne Druck bei den Verpflegungspunkten auszuruhen. Da spielt es keine Rolle, ob das dann nur fünf oder zwanzig Minuten sind“, schwärmt Niemann.
Auch privat unternimmt das Ehepaar gerne Radtouren. „Unter der Woche fahre ich nach der Arbeit oft eine Runde durch den Wald, um abschalten zu können. Am Wochenende sind mein Mann und ich dann gemeinsam auf längeren Strecken unterwegs.“
Die medizinische Fachangestellte pendelt seit fünf Jahren täglich zwischen Kamenz und Dresden, denn sie arbeitet in der Nierenambulanz der Uniklinik.
Zuvor war sie in Bautzen in einer Arztpraxis tätig. Doch im Gegenzug zu heute gab es damals kaum Stellen für Pflegekräfte in Sachsen. Dann kam das Jobangebot aus der Landeshauptstadt. „Da habe ich nicht lange nachgedacht, ich meine, die Uniklinik, das ist schon etwas Besonderes“, erzählt die 36-Jährige.
Bitte strahlen! So viel Freude hatte Nicole Niemann auf dem Fahrradfest 2018 - eine fotogene Spontanaufnahme.
Die 45 Minuten Fahrtweg nimmt sie letztlich gerne auf sich, denn im gemeinsamen Haus mit den Schwiegereltern im Kamenzer Ortsteil Hennersdorf fühlt sich die Freizeitjoggerin pudelwohl. „Man hört ja oft von Kollegen, dass es schwierig ist, mit den Eltern des Partners unter einem Dach zu wohnen, aber bei mir ist das überhaupt nicht der Fall. Wir haben ein wirklich gutes Verhältnis.“
Das sanierte Anwesen aus den 1930-er Jahren beherbergt neben dem Hauptgebäude noch einen Hühnerstall, ein Gewächshaus, auch zwei Katzen leben mit den Niemanns. Es liegt idyllisch auf einer Anhöhe an einer kleinen Straße, die direkt in ein großes Waldstück führt, in dem auch das Ski- und Downhill-Areal Schwarzenberg beheimatet ist.
In der alten Scheune parken die Fahrräder des Ehepaars. Nicole fährt ein doppelt gefedertes schwarzes Mountainbike. „Man kommt hier in der Lausitz mit so einem Stadtrad nicht weit. Es geht immer über Stock und Stein“, sagt sie.
Das Modell hat ihr Jörg empfohlen, der bei einer großen sächsischen Fahrradkette als technischer Berater arbeitet und so immer den Blick für die neuesten Trends rund ums Bike hat. Nach Aussage von Nicole Niemann ist er auch der duellfreudige, wagemutige Part des Gespanns.
Wenn das Paar Sonnabend in den Black-Mountain-Park Elstra fährt, nimmt Jörg immer die schweren Buckelpisten. „Ich bin dagegen eine Schönwetter-Fahrerin. Ich mach einfach immer mein Ding. Viele fahren ja mit dem Rad, um irgendwie abzunehmen, haben strikte Sportpläne. Mir geht es aber immer ausschließlich um den Spaß. Ich würde auch nie an einem Wettbewerb teilnehmen.“
Vorsichtig zu sein, das rät Nicole Niemann auch den Teilnehmern des Fahrradfests. „Viele unterschätzen die Länge der Strecke und haben deswegen weniger Spaß beim Fahren“, sagt die 36-Jährige. Ihr Tipp: „Lieber die kleinere Route nehmen und sich dann im Jahr darauf bei der größeren anmelden.
Gleichzeitig ist es auch wichtig, dass man sich vorher die Höhenmeter anschaut, die Angaben sind ja bei den Karten immer dabei.“ Schließlich ginge es bei der ganzen Sache vorwiegend darum, zusammen mit anderen einen schönen Ausflug zu unternehmen.
So sei es Nicole Niemann 2018 sogar gelungen, zwei Freunde zur Teilnahme zu bewegen, die sonst äußerst ungern das Rad nehmen. „Die steigen normalerweise nur auf den Sattel, wenn absolut nötig.
Dadurch, dass die Fahrer aus dem Zentrum so gut rausgeführt werden, man da kein Auto neben sich hat und bei den kleinen Touren alles eben ist, kann wirklich jeder mitmachen“, betont sie. Auch ihre Bekannten seien danach restlos begeistert gewesen.
Nur für Nicole Niemann selbst wird es dieses Jahr kein Fahrradfest geben. Die 36-Jährige ist nämlich hochschwanger, in vier Wochen wurde der Geburtstermin angesetzt, prinzipiell könnte es jeden Tag so weit sein.
Da ist es mit Bewegung eher schwierig. „Sportlich kann ich mich gerade nur noch beim Putzen betätigen“, sagt sie und lacht. Doch für ihren Sohn schmiedet sie trotzdem schon fleißig Pläne.
„Jörg und ich sind schon am überlegen, ob wir uns einen Kinderhänger fürs Rad besorgen sollen. Lieber wäre es mir allerdings, wenn ich den Kleinen beim Fahren auch sehe.“
Text: Daniel Krüger
Fotos: Thomas Kretschel, Michael Schmidt