Schon zum vierten Mal will Rudolf Kramer beim Fahrradfest der SZ mitmachen. Und das im beachtlichen Alter von 88 Jahren.
"Ich komme mit Tempo 80, seien Sie vorsichtig!", witzelt Rudolf Kramer. Mit einem Alter von 88 Jahren war er in den vergangenen Jahren der älteste Fahrradfestteilnehmer.
Manchmal kommt der Rand vom Elberadweg ihm ein bisschen zu nahe. Dann steigt Rudolf Kramer seelenruhig ab und schiebt sein Rad eben. Das Problem mit der Balance ist neu für ihn – aber noch lange kein Grund, Trübsal zu blasen. Denn auf seinem Balkon wachsen Klettererdbeeren – wie schön! – und wenn die Sonne scheint, kann er draußen frühstücken. Und dass es mit dem Radfahren oft noch so gut klappt, das ist doch Grund genug, sich des Lebens zu erfreuen! "Mein rechtes Knie macht Probleme, das linke Bein jammert auch mit", sagt er fröhlich, "ansonsten bin ich flügge hier."
Nein, Rudolf Kramer ist kein griesgrämiger alter Mann. Er mag die gute Laune, er steckt gerne sein Umfeld damit an. Bereits in den vergangenen Jahren war er der älteste Fahrradfest-Teilnehmer. Auch in diesme Jahr möchte der 88-Jährige wieder mitradeln. Die 35-Kilometer-Tour hat er sich vorgenommen. Niederwartha ist sein Ziel. Oft ist er die Strecke gefahren, zum Beispiel als Sonntagsausflug. Am zielort trank er ein Bierchen, dann ging es zurück.
Die langen Fahrten, das sind die Lieblingstouren des gebürtigen Dresdners. Er erinnert sich noch gut an das Pfingstwochenende vor etwa zehn Jahren, als er mit seiner Tochter und dem Schwiegersohn an die Ostsee fahren wollte. Über Magdeburg fuhren sie und schauten sich das Schiffshebewerk Rothensee an. Von Magdeburg aus fuhr das Trüppchen dann noch eine Weile weiter. "Irgendwann war da nur noch Wiese. Kein Strauch, höchstens mal ein Schaf." Ein bisschen langweilig für seinen Geschmack. Dann fing es an zu nieseln. Deshalb fuhr die Familie mit der Bahn wieder gen Heimat, nach Dresden.
Aber auch kurze Strecken stehen auf Kramers Trainingsplan. Früher konnte er sich täglich aufs Rad schwingen – mittlerweile liegt der Schnitt bei einmal pro Woche. Das Fahrradfahren, es bedeutet dem Rentner sehr viel. "Mein Körper braucht den Sport," erklärt er. Es mache ihm Spaß, jedes Mal etwas Neues zu sehen.
Und früher hat er die Touren auch noch mit dem Trekkingrad gemacht. Irgendwann lief er am Fahrradladen vorbei und entdeckte ein Elektrorad. "Gut, dass ich mich beim Ausprobieren festgehalten habe", erinnert er sich. Denn als er in die Pedale trat, schoss das Rad nach vorne. Doch daran gewöhnte er sich. Wie der Zufall so spielt: Kurz nach dem Kauf merkte er, dass es ohne auch schwierig wurde. "Als hätte ich es vorher geahnt", meint Kramer, und grinst verschmitzt. "Ich kann mit de Beene nich mehr so git", erklärt der Dresdner.
Vor Kurzem dann klingelte es bei dem Elektromechaniker. Ein großes Paket auf einer Palette wurde geliefert: Einen Monat früher als erwartet, stand das bestellte Elektro-Trike mit drei Rädern vor der Tür. Falls es mit dem Elektrorad mal nicht mehr so gut klappt. "Ich hab da wieder so eine Vorahnung", sagt er. Seinen 90. Geburtstag plant er aber jetzt schon, der soll etwas Besonderes werden – und den "mache ich auf jeden Fall noch mit", ist er sich sicher.
Text: Theresa Hellwig, Foto: Robert Michael